Gleiskolumne № 5

Die Panikmacher


Nach fast drei Monaten Bahnpause war ich wieder mal mit dem Zug unterwegs. Schon die Suche nach einer passenden Verbindung war eine Tortur. Die Umstiege sehr knapp und die App sehr verwirrend. Mit ein paar Tricks ging dann doch alles gut.

Wer spontan verreisen will, muss nach wie vor auf das Auto setzen oder aber er lässt sich sein ganzes Konto von der DB plündern. Dieses Gefühl hatte ich, als ich spät abends in der Küche alle möglichen Verbindungen checkte. Vielleicht doch um 4 Uhr morgens schon losfahren? Ach ne, das ist es mir nicht wert. Zumal die Verbindungen immer absurder wurden. Mit der S-Bahn zu einer Haltestelle, an der ich noch nie war und dort innerhalb von 6 Minuten umsteigen. Ich ging alle Szenarien durch und entschied: Ich möchte entweder zu einer humanen Zeit meine Reise starten oder gar nicht. Diesen Luxus gönne ich mir, nachdem ich jahrelang schon den ÖPNV durch das halbe Land nutzte.

Beim Blick auf die Fernverkehr-Vorschläge verging mir die Freude. Nichts brauchbares. ICEs, an denen in tieforangener Schrift schon angedroht wurde, dass es eine hohe Auslastung geben wird. An einem Dienstag. In zwei Wochen. Auch am Mittwoch und Donnerstag. Vom Wochenende möchte ich gar nicht erst anfangen. Der Preis daneben sagt: Es dürfen nur noch privilegierte Wichser einsteigen. Und ich will keiner davon sein. Der Gedanke, ich würde mir eine Fahrt für über 100 Euro buchen und müsste dann um einen Platz betteln, kaum Luft bekommen oder von Anfang an irgendwo im Weg stehen, war schon schlimm genug.


"Die Scheiße habe
ich oft genug
mitgemacht."


Immer wieder zeigte mir die App die Regiobahn an, auf die ich unbedingt verzichten wollte. Pfalz – Rheinland – Ruhrpott. Die Scheiße habe ich oft genug mitgemacht. Diesmal nicht. Ich gab in der App an, dass ich über Mannheim und Frankfurt fahren will. Schön, dass es diese Funktion gibt. Endlich bekomme ich eine Strecke angezeigt, die ich gut finde. Und sie ist sogar günstiger. In den akzeptablen 23,90 ist zwar kein ICE drin, dafür aber ein IC mit niedriger Auslastung. Ein Traum für mich. Ich würde immer eine angenehme Atmosphäre mit mehr Platz bevorzugen. Selbst wenn die Fahrt ein, zwei Stunden länger dauert. Wer sagt denn auch, dass ein voller ICE schneller ankommt.

Die nächste Verbesserung, die ich hier anmerken will: Sobald ein Umstieg nicht klappt, kann man in fast jeden anderen Zug einsteigen, um an sein Ziel zu kommen. Das macht die Reise viel angenehmer, weil das lästige Hinlaufen zum Service-Center – wie vor einigen Jahren – und sich eine neue Verbindung geben lassen nicht mehr nötig ist. Mein IC kam glücklicherweise acht Minuten zu spät in Kassel an, der Regio war schon abgefahren. Also blieb ich bis Hannover sitzen und nutzte den ICE für das letzte Stück bis Bielefeld. Brechend voll, aber war doch auch nicht anders zu erwarten.


Meine Reise von Kaiserslautern nach Bielefeld ging diesmal nicht über Koblenz und Köln (grau) sondern über Frankfurt und Hannover (grün).

Ich als Monk gehe alle Möglichkeiten durch und rechne mit Verspätungen und Ausweichmöglichkeiten. Wer sich geografisch oder vielleicht sogar technisch nicht auskennt, den lässt die App gerne mal eine RB nehmen und irgendwo in Altenbeken versauern. Dazu kommt, dass die Notifications einem immer die Hoffnung nehmen und vom schlimmsten ausgehen. Zu oft stand da schon, dass ich meinen Anschluss nicht erreichen würde und ich habe ihn dennoch bekommen auch ohne einen Sprint einzulegen. Und zu oft werden Züge gar nicht erst angeboten, die aber erst in vier Minuten am Bahnhof abfahren. Der DB Navigator ist zwar eine Erleichterung, jeden Wunsch wird er mir aber wohl nie erfüllen können.


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